Bevor es richtig zur Sache geht, gehört noch etwas klargestellt:

Die Geschichte vom weißen Blatt Papier und der Bedeutung
des Satzes »Da fehlen einem die Worte«.

Ein Praxisbericht.

Wie es dem Schreiber ergeht, kann am besten der nachvollziehen,
der selbst in einer ähnlichen Situation ist. »Auf Befehl« der Kreativität
freien Lauf zu lassen – das ist die Kunst. Übrigens: Das weiße Blatt Papier,
bei dem alles beginnt, ist in der heutigen Zeit zwar nicht gänzlich
ausgestorben, meist strahlt den Schreiber aber ein gnadenlos heller
Bildschirm an, darauf ein Dokument, darin nichts. Leer. Nichts,
kein Wort, kein Satz, nichts. »Da fehlen einem die Worte« gilt jetzt
nicht. Jetzt heißt es, Ideen zu kreieren, Produktvorteile zu finden,
Lösungen aufzuzeigen und schleunigst niederzuschreiben. Dem
leeren Dokument das zu geben, wonach es lächzt. Nach Worten.
Soweit so gut. Dass dies nicht immer so leicht ist, dass der »flow«
nicht auf Befehl fließt und die Muse nicht küsst, wenn man ihrer
Liebe bedarf – ja, das ist eine andere Geschichte. Nehmen wir aber
den positiven Fall, dass alles fließt und die Küsse der Muse den Schreiber
erreichen, ja gesetzt den Fall, dass alles gut vorangeht, dann gibt es
noch ein weiteres Kriterium: Tik tak tik tak tik tak – der Abgabetermin,
die Präsentation, der Redaktionsschluss, mit einem Wort: ZEIT. Zeit
hat sich im Leben des gewerblichen Schreibers mittlerweile auf eine Eigenschaft
reduziert: Sie drängt. Zeit drängt. Und der Schreiber ist »der Gedrängte«.
Jetzt aber schnell, am liebsten sofort und das vorab per Mail. Da fehlen
einem die Worte. Schlecht, ganz schlecht zu diesem Zeitpunkt.
Den Kreativen befallen Vorstellungen von leeren, weißen Seiten in Zeitungen,
darauf in großen Lettern: »Text nicht eingelangt, dem Schreiber fehlten die Worte.«

Panik, Schweißausbrüche, Fressattacken. Eine Schüssel mit Nüssen
muss es jetzt richten. Endlich. Es geht voran. Es klimpern die Tasten.
Zeit, das Gefutterte wieder zu verbrennen. Jetzt bloß nicht aufhören!

Türe zu, Ohropax rein, Handy aus, es ist soweit. Die Worte sind da!

Die Worte sind da! Vorbei die Angst zu versagen. Vorbei die Vorstellung,
vor dem leeren Dokument einzuschlafen, ohne Ergebnis, ohne Idee.
Die Worte sind da! Die Uhr tickt, noch eine Schüssel Nüsse. Die Hose
zwickt. Egal, jetzt nur nicht aufhören …

Wir hören auf, wenn es am schönsten ist.
Die Worte sind da, der Kunde zufrieden, die Sendung gerettet
(»Gott sei Dank ist wieder einmal alles pünktlich fertig geworden …«),
das Gedruckte pünktlich verteilt. Text gut, Ende gut, alles gut. Worte da.

In diesem Sinne – wenn alles gut geht, folgen neue Worte, neue Geschichten,
vielleicht Gedichte, wer weiß …

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