(Aktuell erschienener Artikel von Manfred G. Prossinger zum Thema Unternehmer werden – Unternehmer sein; MITTEN:DRIN, Stadtausgabe Salzburg, ET 7.10.2015; ungekürzte Version)

Was Hänschen nicht lernt …

lernt Hans nimmermehr? ÖsterreicherInnen gründen zu wenig neue Unternehmen.
Kann man das so stehen lassen? Woran liegt’s? Wer ist dafür »verantwortlich«? Vor allem aber: Was wird dagegen unternommen? Wo setzt man an, um bei mehr (jungen) ÖsterreicherInnen den Unternehmergeist zu wecken?

Zunächst einmal hat Österreich im Hinblick auf die Gründerzahlen in den letzten Jahren international aufgeholt. Konkret: 2014 wurden exakt 28.490 Unternehmen neu gegründet, das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr 2013, da waren es 28.213 (jeweils ohne Personenbetreuer, Quelle WKO, Stand 01-2015). Da besteht einerseits noch viel Luft nach oben, andererseits sind wir Österreicher aber immer vorne mit dabei, wenn es um die Nachhaltigkeit von Unternehmensgründungen geht. Fakt ist – und das belegen Zahlen der Statistik Austria: Nach fünf Jahren sind noch sechs von zehn Gründungen am Markt. Und: Jedes neu gegründete Unternehmen schafft im ersten Jahr im Schnitt bereits 2,4 neue Arbeitsplätze. Aber zum Vergleich: Die Gründungsrate (Verhältnis zwischen Unternehmensgründungen und aktiven Unternehmen) lag in Österreich bei 6,2 – niedriger ist diese Kennzahl in Europa nur in Zypern und Belgien. »Spitzenreiter« ist Litauen mit 24,9. (Quelle: Eurostat, 2014)

»Kultur des Scheiterns« fehlt
Eine Gründungsidee ist vorhanden, das nötige Know How hat man sich bereits im Berufsleben angeeignet, sogar das nötige Startkapital liegt bereit. Doch bei vielen potentiellen Unternehmensgründern bestehen an dieser Stelle noch immer Zweifel, ob der Schritt in die Selbstständigkeit tatsächlich gemacht werden soll. Die Angst vor dem Scheitern ist da. Berechtigt oder unberechtigt? Jede Idee gehört geprüft und der Frage unterzogen, ob eine erfolgreiche Umsetzung möglich ist und eine reelle Chance am Markt besteht. Doch letztlich wächst jeder Unternehmer mit seiner Aufgabe und ein Scheitern ist noch nicht das Ende eines Unternehmerlebens. Stellt sich der Erfolg nicht ein, so hat das oft die verschiedensten Gründe. Aber auch Top-Unternehmen scheitern mit der einen oder anderen Produktidee. Warum? Weil es dazu gehört. Weil man nicht alles »auf Erfolg programmieren« kann. Ist man sich dessen einmal im Klaren und sieht man in einem möglichen Scheitern auch die Möglichkeit, persönlich daraus zu lernen und »daran zu wachsen«, so kann man dem Misserfolg auch etwas durchaus »Positives« abgewinnen. Vielen erfolgreichen Unternehmern ist der besagte Knopf erst relativ spät aufgegangen (Dietrich Mateschitz, James Dyson …), einigen auch nicht gleich beim ersten Mal (Josef Zotter …).

Wird der Unternehmergeist zu spät geweckt?
Die Voraussetzungen für Unternehmensgründungen in Österreich scheinen insgesamt gut: Erstrebenswerte Lebens­bedingungen, bestens ausgebildete Arbeitskräfte und überdurchschnittlich viele innovative Köpfe sind vielversprechende Voraussetzungen. Darüber hinaus hat man sich von Seiten des Wirtschaftsministeriums das Ziel gesetzt, Österreich zum »Gründerland Nr. 1 in Europa« zu machen. Entsprechende Förderungen sollen dies ermöglichen, ebenso wie wettbewerbsfähige, rechtliche Rahmenbedingungen. Doch für eine Unternehmenslandschaft, die vorwiegend aus Klein- und Mittelbetrieben besteht, braucht es doch viel mehr. Früher, bereits im Ansatz, an der Wurzel. »Wie werde ich Unternehmer« als Unterrichtsfach in der Volksschule? Überlegenswert? Setzen Projekte in den höheren Schulstufen – die grundsätzlich als sehr positiv zu werten sind – hier möglicherweise zu spät an?
Ein Beispiel: Max und Maria (Namen geändert) sind 8 Jahre alt und dürfen in der Schulpause ihre selbst gemachten Armbänder nicht an Mitschüler verkaufen. Im Schwimmbad, im Reitstall, am Spielplatz geht das, nur eben in der Schule nicht. Außer an der Busstation. Warum? Ist das der richtige Weg?

»Warum kostet das was, Mama«?
Wenn »Hänschen« das fragt, dann liegt es an uns, bereits den Kleinen bewusst zu machen: Nicht alles kann gratis sein. Wenn jemand etwas leistet, kostet das in der Regel auch etwas. Wer seine Talente einsetzt, kreativ ist, mit seinem Kopf oder seinen Händen arbeitet, der muss auch einen gerechten Lohn dafür erhalten, ob als Neugründer oder als arrivierter Unternehmer. Das sollen wir unseren Jungen vermitteln. Und wir müssen auch erklären, dass all der Wohlstand, in dem wir leben – will man ihn erhalten – Kraft und Anstrengung braucht. Und gleichzeitig hinterfragen, ob wir all unseren »lifestyle« auch wirklich (noch) brauchen.

Mutige, die Mut machen.
Diese 3 »Neugründer« haben es geschafft. Früher oder später.

Dietrich Mateschitz
Red Bull (Getränke)
Österreich
Unternehmensgründung 1984, im Alter von 40
Red Bull bringt am 1. April 1987 seinen Energy Drink erstmalig in Österreich auf den Markt. Ein völlig neues Produkt, ja eine neue Produktkategorie war geboren. Heute ist Red Bull in mehr als 167 Ländern verfügbar und es wurden weltweit bereits mehr als 50 Milliarden Dosen konsumiert. 2014 verkaufte Red Bull 5,6 Milliarden Dosen.
Dietrich Mateschitz gilt als einer der größten Förderer und Unterstützer, engagiert sich unter anderem – zusammen mit Heinz Kinigardner – mit »wings for life« im Bereich der Rückenmarksforschung, um eine Heilung für Querschnittslähmung zu finden.

Danijel Leper
Elektrotechnik Leper
Österreich
Unternehmensgründung 2011, im Alter von 27
Danijel Leper ist einer von vielen österreichischen Gründern. Sein Gewerbebetrieb in Mattsee zählt 4 Jahre nach Gründung bereits 6 fixe Mitarbeiter. Die Auftragslage ist sehr gut. Das eigene Betriebsgebäude wurde soeben fertig gestellt.
www.elektroleper.at

Johannes Gutmann
Sonnentor (Tees, Kräuter, …)
Österreich
Unternehmensgründung 1988, im Alter von 23
Johannes Gutmann fällt auf: Durch sein strahlendes Lächeln, seine rote, runde Brille und die 80 Jahre alte Lederhose. Und er ist überzeugt. Von sich und seiner Idee. Belebt das Waldviertel neu, indem er den regionalen Anbau von Kräutern quasi neu erfindet. Mehr über die Erfolgsgeschichte, die Idee und Philosophie dahinter
lesen Sie unter www.sonnentor.com oder im empfehlenswerten Buch »Gut geht anders«
von Johannes Gutmann und Peter Gnaiger, erschienen im ecowin-Verlag.

Zum Autor: Manfred G. Prossinger ist seit 25 Jahren als Schreiber, Texter sowie Werbe- und PR-Berater tätig
und seit 1996 selbstständig. Kunden und Referenzen und Texte siehe unter www.prossinger.at
und www.prossingerschreibt.com

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